Ein Tatsachenbericht !
Meine Mutter, eine ehemalige
Kriegsgefangene, erinnert sich. |
Wiedersehen mit Christine nach 30 Jahren!
Obwohl ich nicht mehr zurück nach Ostpreußen konnte, suchte ich verzweifelt über das Deutsche Rote Kreuz, nach meiner Tochter. Die Suchergebnisse ergaben, dass mein damals 77jähriger Vater, Anton Klein, im Herbst 1945 von unserem Bauernhof in Wartenburg-Abbau, regelrecht rausgeekelt worden ist. Mit einer in den Kriegswirren zugelaufenen fremden Frau aus Wartenburg, machte er sich mit Pferd und Leiterwagen, auf den Weg nach Berlin. Auf dem Leiterwagen saß meine Tochter Christine. Auf der Flucht aus Polen starb die ältere Frau. Auch Pferd und Leiterwagen, sind Opa Anton Klein irgendwie abgenommen worden. Aber er hatte es trotzdem mit einem alten Kinderwagen bis nach Berlin geschafft. Meine Tochter Christine war bis dahin noch bei ihm. In Berlin wurde mein Vater dann mit einem LKW irgendwohin gefahren. Hier verliert sich seine Spur.
Vorher soll er aber meine Tochter Christine einem fremden Soldaten an die Hand gegeben haben. Dieser übergab das Kind dann an ein Kloster in Bayern. Christine war stark unterernährt. Mehr war nicht in Erfahrung zu bringen.
Inzwischen hatte sich politisch einiges ereignet. Im Herbst 1949 wurde Deutschland in zwei deutsche Staaten gespalten. Ich saß nun in der DDR (Deutsche Demokratische Republik, sozialistisch) fest. Jetzt war zu Friedenszeiten nicht nur der Weg nach Ostpreußen, sondern auch der Weg zur BRD (Bundesrepublik Deutschland, kapitalistisch) abgeschnitten. Diese beiden deutschen Staaaten waren wie Feuer und Wasser zueinander.
1958 kam die schönste Nachricht meines Lebens. In einen Brief teilten mir meine Verwandten in Minden (BRD) mit, dass sie eventuell meine Tochter auf einem Zeitungsbild gesehen hätten. Zu dem Zeitpunkt war Christine 14 Jahre jung. Die Eltern lagen in Scheidung und nun kam die Wahrheit ans Tageslicht. Die angeblichen Eltern hatten Christine unter dem Vorwand, die leiblichen Eltern zu sein, aus dem Kloster geholt. Blutproben und alle Begleitumstände sprachen aber dafür, dass Christine meine leibliche Tochter ist. Sie kam mich auch einige Male in Ostdeutschland besuchen. Ich selber durfte auch mal ins damalige Westdeutschland reisen.
Christine war inzwischen verheiratet und hatte eigene Kinder. Sie entschied sich für ein weiteres Leben auf der anderen Grenzseite, in der Bundesrepublik Deutschland. Heute gibt es glücklicherweise ein einheitliches Deutschland, ein Land, indem keine Familien mehr getrennt leben müssen.
Heute bin ich 80 Jahre alt und ich musste in meinem Leben viel durchmachen. Ich wünsche mir für meine Kinder und Enkelkinder eine friedliche Welt, ohne Kriege und Feindseligkeiten.
Waren/Müritz, 09.Dezember 2000
 
|