Wer in unserem Jahrhundert im Ermland auf Suche nach traditionellem Fastnachtstreiben ging, der mußte enttäuscht werden. Selten war etwas bei uns von echten Fastnachtsbräuchen bekannt. Das bedeutet aber nicht, daß die Ermländer nie Fastnacht gefeiert haben. 1565 war bei einer Visitation in Diwitten geklagt, daß die Einwohner über Mummenschanz und Fastnachtsfreuden ihre kirchlichen Pflichten vernachlässigten, sie schienen auch am Aschermittwoch noch nicht Schluß gemacht zu haben. In einem alten Rechnungsbuch der Stadt Allenstein aus der Zeit von 1609 - 1633 sind sogar öfters Strafen für Mummenschanz in der Fastenzeit aufgeführt. Ob ein ausgeprägtes Brauchtum vorhanden war oder die "Fastelnacht" sich nur durch allgemeine Festesfreude auszeichnete, kann nicht mehr mit Sicherheit festgestellt werden. Reste in unsrer Zeit deuten auf wenige Bräuche hin, z.B. der "Bügeltanz". In den zwanziger Jahren wurde dieser noch in den verschiedenen Orten des Ermlandes getanzt. - Früher feierte man die "Fastelnacht", wie der Ermländer sagt, eine ganze Woche. Den Höhepunkt bildeten die letzten drei Tage: Fastnachtsonntag, -montag und -dienstag. Am ersten Tag zogen die jungen Burschen von Haus zu Haus, tanzten mit den Töchtern und sammelten Geld, Speck und Wurst für den Fastnachtstanz am kommendenden Abend. Am nächsten Tag wurde für den Bügeltanz ein kreisrunder Bügel mit Tannenzweigen oder sonstigen Grün beflochten und mit bunten Bändern geschmückt. Abends fand der große Fastnachtstanz statt, bei dem das eingesammelte verzehrt wurde. Gegen Schluß der Veranstaltung kam der Bügeltanz zur Aufführung. Ein Bursche, als guter Tänzer bekannt, trägt den geschmückten Bügel. Er führt den Namen "Bügelmeister", in der Mundart "Bejelmeester". Der Bügelmeister hält sich in der Mitte der tanzenden Paare auf, macht nach den Klängen der Musik eigentümliche Tanzbewegungen und springt auch selbst durch den Bügel.